Die Hinzuverdienstgrenze 

Wie hoch ist der Hinzuverdienst Witwenrente 2023? In diesem Beitrag erfährst Du, was die Hinzuverdienstgrenze bei den HinterbliebenenRenten ist, wie sie sich berechnet, was das „fiktive Netto“ ist und was die Rentenpunkte damit zu tun haben

Einführung der Hinzuverdienstgrenze

Die erste Rentenreform für die HinterbliebenenRente gab es 1986, als beschlossen wurde, dass nicht nur Witwen, sondern auch Witwer das Recht auf eine HinterbliebenenRente haben sollten. Damit die Rentenkasse damit nicht überfordert würde, beschloss man, dass Einkommen an diese Unterhaltsersatzleistung angerechnet werden sollte.

Unterhaltsersatzleistung

Da die HinterbliebenenRente eine Unterhaltsersatzleistung ist, orientiert man sich hier stark am Unterhaltsrecht. So auch bei der Höhe der Einkommensanrechnung. Der sogenannte „notwendige Selbstbehalt“ diente damals als Vergleichswert. Dieser lag bei ca. 900,- DM. Man legte als die Einkommensgrenze mit dem 26,4-fachen des Rentenwertes fest, was damals ungefähr dem notwenigen Selbstbehalt einer unterhalspflichtigen Person, also den o.g. 900,- DM entsprach.

Welche Rente wegen Todes es grundsätzlich gibt, erfährst Du hier.

An die Inflation gekoppelt

Damit die Höhe der Hinzuverdienstgrenze nicht statisch bleibt, sondern ebenfalls steigen sollte, benannte man diese krumme Zahl des 26,4-fachen des Rentenwertes. Der Rentenwert ist an die Inflation gekoppelt – je höher die Inflation in einem Jahr, desto höher die Rentenerhöhung, desto  höher die Einkommensgrenze. So der Gedanke. Leider sieht die Theorie in der Praxis wie immer ganz anders aus.

Hier erfährst Du weiteres grundsätzliches über den Hinzuverdienst Witwenrente bzw. über die Einkommensgrenze.

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Die Zahlen heute – Rentenjahr 2022/23

Zum 01.01.2023 ist der notwendige Selbstbehalt einer unterhaltspflichtigen Person aufgrund der hohen Inflation wegen der Geschehnisse im Ukraine-Krieg auf 1.370 € im Monat angehoben worden.

Im Rentenjahr 2022/2023 liegt die Hinzuverdienstgrenze in Westdeutschland bei 950,93 € und in Ostdeutschland bei 937,73 €.

Das ist im Laufe der 37 Jahren nach der Rentenreform eine Differenz von schlappen 419,07 € in Westdeutschland bzw. 432,27 € im Ostdeutschland – fast 1.000,- DM!

Wahnsinn wie ich finde! Ein Skandal. 

Rentenerhöhung zum 01.07.2023

Die Rentner können sich glücklich schätzen, denn de Renten werden noch höher erhöht, als ursprünglich gedacht, nämlich um 4,39 % in Westdeutschland bzw. 5,86 % in Ostdeutschland.

Damit liegt der Rentenwert in beiden Teilen Deutschlands ab dem kommenden Rentenjahr erstmals gleichhoch, nämlich bei 37,60 €. Doch was heißt das jetzt?

Die Hinzuverdienstgrenze liegt seit 1986 bei dem 26,4-fachen des Rentenwertes, das heißt auch sie steigt im kommenden Rentenjahr in ganz Deutschland auf 992,64 €. Dein Hinzuverdienst darf diese Grenze überschreiten, aber ab dieser Grenze wird die HinterbliebenenRente gekürzt.

Ein Rentenjahr geht immer vom 01.07. bis zum 30.06., das Steuerjahr immer vom 01.01. bis zum 31.12. Das ist wichtig zu wissen, denn die Einkünfte des vorangegangenen Steuerjahres werden auf das kommenden Rentenjahr angerechnet. Beispiel: die Einkünfte vom Steuerjahr 2022 muss ein Hinterbliebener im Frühjahr 2023 der Rente melden, damit diese die Höhe der Rente bzw. die Kürzung der Rente für das darauffolgende Rentenjahr ab dem 01.07.  berechnen kann.

Welches Einkommen führt zur Anrechnung bzw. Kürzung

Wenn Du Glück hast, bekommst Du HinterbliebenenRente nach dem sogenannten Alten Recht, wenn Du jünger bist, also ca. 45 oder jünger, bekommst Du HinterbliebenenRente nach dem Neuen Recht. Was das genau bedeutet und wann Du unter welches Recht fällst, findest Du hier. Die Hinzuverdienstgrenze ist jedoch bei allen HinterbliebenenRenten gleich hoch, also Witwenrente, Witwerrente oder Erziehungsrente. Nur bei Halbwaisen und Waisenrente gibt es keine Einkommensanrechnung mehr (wohl aber die Steuerpflicht).

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Das fiktive Netto

Ausschlaggebend bei dem Hinzuverdienst ist Dein sogenanntes fiktives Netto. Das ist – wie der Name schon sagt, fiktiv und hat mit Deinem Netto auf Deiner Verdienstabrechnung absolut nichts zu tun. Die drv hat sogenannte Pauschalen für jede Einkunftsart definiert, die sie als angemessen für Steuern und weitere Abgaben wohl angemessen fand. Das ist bei der Einkommensart Nicht-Selbständige Arbeit die Pauschale von 40 %. Die Einkommensarten richten sich strickt nach dem Steuerrecht, also gibt es z.b. auch Einkommen aus Vermietung und Verpachtung (Pauschale 25 %), Bezüge von Beamten (Pauschale 27,5 %), Renten aus eigener Versicherung zb. Altersrente (Pauschale 14%). Ob diese Pauschalen noch der Realität entsprechen, sei mal dahin gestellt. 

Zurück zum Steuerjahr

Jetzt kommen wir wieder zum Steuerjahr. Rechnest Du zb. alle Deine Einkünfte aus der Einkommensart Nicht-Selbständige Arbeit des Jahres zusammen, also mit Monatsentgelt, Urlaubs- und Weihnachtsgeld und sonstige steuerpflichtige Zahlungen (die Inflationsausgleichspauschale ist steuerfrei – und demnach auch anrechnungsfrei), hast Du ein Jahres-Bruttoentgelt. Für die DRV ist das Sozialversicherungspflichtige Brutto ausschlaggebend. 

Dieses Jahresbrutto geteilt durch 12 Monate abzüglich der jeweiligen Pauschale ergibt Dein fiktives Netto für diese Einkommensart. Hast Du mehrere Einkommensarten, zb. einen Minijob (Achtung: Pauschale 0 %), musst Du das für jede Einkommensart einzeln rechnen und am Ende alle fiktiven Nettos zusammen zählen. 

Beispiel-Rechnung

Beispiel: 2.000 € sozialversicherungspflichtiges Brutto aus Nicht-Selbständiger Tätigkeit, kein Weihnachts- oder Urlaubsgeld, keine anderen Einkünfte. 

2.000 € – 40 % Pauschale = 1.200 € fiktives Netto.

Hinweis: Eine Betriebliche Altersversorgung (bAV) senkt das Sozialversicherungspflichtige Brutto und ist demnach eine der wenigen Möglichkeiten, legal die Kürzungen der HinterbliebenenRente wenigstens etwas zu senken. Aber Vorsicht: bei der Auszahlung ist die bAV wiederum steuerpflichtig – und demnach auch anrechenbar.

Der sogenannte Mehrbetrag

Der Mehrbetrag ist sozusagen, das, was Du zu viel verdienst, und das, was letztendlich Deine Rente kürzt. In dem oben genannten Beispiel hast Du ein fiktives Netto von 1.200 € und keine weiteren Einkünfte.

Bist Du Bezieher von HinterbliebenenRente ohne Kinder im Waisengeldbezug, hast Du einen Freibetrag von 992,64 €.

1.200 € – 992,64 € = 207,36 %

207,36 € ist Dein sogenannter Mehrbetrag.

Deine HinterbliebenenRente wird um 40 % des Mehrbetrags gekürzt. Hier ist die Formel schon wieder 40 %, das hat aber nichts mit der o.g. Pauschale zu tun.

40 % von 207,36 € = 82,94 € 

Deine Rente wird ab dem 01.07. um monatlich 82,94 € gekürzt. Da Renten immer brutto ausgezahlt werden, ist die Kürzung selbstverständlich auch brutto. 

Kinder

Kinder im Waisengeldbezug erhöhen den Freibetrag um das 5,6-fache des Rentenwertes. Diese Höhe habe ich per Petition angeprangert und der Petitionsausschuss hat diese Petition mit seinem Schreiben vom 12.05.2022  für „erwägenswert“ betrachtet und dann sogar als „Material“ dem BMAS überwiesen. Natürlich ist seit dem nichts passiert. Ach übrigens, die Petition habe ich am 20.09.2019 geschrieben…

Jedenfalls würde 1 Kind den Freibetrag in unserem obigen Fall um 210,57 € auf 1.203,24 € erhöhen. Damit lägen die Einkünfte innerhalb der Einkommensgrenzen und die HinterbliebenenRente würde in diesem Fall ohne Kürzung ausgezahlt werden.

Kinder können unter Umständen Unterhaltsvorschuss beantragen. Mehr dazu hier.

Berechnungshilfe Hinterbliebenenrente als Excel-Datei

Mehr zur Anrechnung und damit du deine persönliche Einkommensanrechnung nachstellen kannst findest du hier den Link zur Excel-Liste "Berechnungshilfe Hinterbliebenenrente".  Ganz ehrlich? Ich frage mich immer, wieso die Deutsche Rentenversicherung nicht eine solche Excel-Liste herausgeben kann.

Weiterführende Links

Du möchtest endlich wissen, was der Unterschied ist zwischen dem Ehegattensplitting und dem Witwensplitting? Und was hat das Rentensplitting damit zu tun?Oder wie teuer ist eigentlich die Hinzuverdienstgrenze für Deutschland? Warum du als junge Witwe oft arm trotz Arbeit bist und bleibst? Oder dass die Witwenrente gar keine Sozialleistung ist, sondern eine reine Versicherungsleistung? Und was das Leben als Witwe mit einem dreibeinigen Hund zu tun hat? Wie einfach und genial der Lifehack bei der Einkommensanrechnung ist, kannst Du hier nachlesen. Über all das habe ich bereits Beiträge geschrieben. Mehr Infos über die einzelnen Rentenarten gibt es hier.
Die beliebte Berechnungshilfe und den Unterhaltsvorschuss-Rechner findest Du unter Downloads

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