Die Einkommensanrechnung der Witwenrenten ist erwerbsfeindlich und unwirtschaftlich! Schafft die Hinzuverdienstgrenze ab!

Die Einkommensanrechnung der Witwenrenten ist erwerbsfeindlich, das wissen alle Betroffenen.  Seit dem Tod meines Mannes im Januar 2017 kämpfe ich für eine deutliche Erhöhung der Einkommensgrenze, denn die Regelungen senden zwiespältige Signale. Nach dem sogenannten neuem Recht wirkt so gut wie jeder legal erworbene Hinzuverdienst über dem mickrigen Freibetrag kürzend auf die Witwenrente, Witwerrente oder die Erziehungsrente, während andererseits vor allem Frauen mehr für ihre eigene Rente tun sollen. In der Folge gehen Betroffene weniger statt mehr arbeiten, denn Mehr-Arbeit ist unwirtschaftlich. Das ist Fakt und wurde nun auch durch einen Mitarbeiter der Deutschen Rentenversicherung (DRV) bestätigt.

Ich bleibe dabei: Die Hinzuverdienstgrenze ist der systembedingte Weg in die Altersarmut!

Worum geht’s beim Hinzuverdienst?

Was genau ist beschränkend? Warum ist die Hinzuverdienstgrenze erwerbsfeindlich und warum könnte die Abschaffung der Hinzuverdienstgrenze eine Minderung des Fachkräftemangels bewirken?  Welche Zahlen gibt es dazu – und welche nicht?

Zahlen Hinzuverdienst bei Betroffenen

In Deutschland gibt es Stand April 2024 gut 5,2 Millionen Empfänger von Hinterbliebenenrenten.

Gut 1,2 Millionen Empfänger von Hinterbliebenenrenten sind im erwerbsfähigen Alter, also unter 69 Jahren, eine Aufteilung  auf 65 Jahre oder 67 Jahre macht die Deutsche Rentenversicherung DRV leider nicht.

Stand April 2024 darf ein(e) Betroffene(r) ohne Kinder 992,64€ anrechnungsfrei hinzuverdienen, so nenn die Deutsche Rentenversicherung (DRV) das sogenannte fiktive Netto. Pro Halbwaisenrenten-empfangendes Kind erhöht sich der Freibetrag jeweils um 210,56€, so dass pro Kind etwas mehr anrechnungsfrei dazu verdient werden darf. Nur: werden 210,56€ dem Bedarf eines Kindes gerecht?!

Verdient ein(e) Betroffene(r) 100€ mehr fiktives Nettoeinkommen als es ihr oder sein persönlicher Freibetrag je nach Anzahl der Kinder erlaubt, wird die Witwenrente, die Witwerrente beziehungsweise die Erziehungsrente um 40€ gekürzt (40% des sogenannten Mehrbetrages. Im obigen Beispiel ist der Mehrbetrag 100€).

Durchschnittseinkommen in Deutschland

Das Durchschnittseinkommen in Deutschland im Jahr 2023 liegt bei 3.714€ brutto. Das wären laut den Berechnungen der DRV 44.568€ Jahreseinkommen und ein 2.2840€ fiktibes Netto und würde zu einer Kürzung einer Hinterbliebenenrente um 494,30€ führen – gesetzt dem Fall, dass die Rentenansprüche grundsätzlich darüber liegen.

Es gilt: je jünger der Partner stirbt, desto weniger lang seine Einzahl-Zeit und desto geinger die Hinterbliebenenrente (HR). Das blöde daran: je niedriger die HR, desto mehr muss frau hinzuverdienen und desto eher ist die HR durch den Hinzuverdienst auf null Euro gekürzt. Wie hoch die Hinterbliebenenrenten und ie Erziehungsrenten in den einzelnen Altersklassen sind, findet ihr auf dem Link.

Umfragen in der Facebook-Gruppe zum Hinzuverdienst

Die Umfragen in meiner Facebook-Gruppe Gerechte HinterbliebenenRente sind zwar nicht repräsentativ, aber eindeutig:

85% der Befragten würden sofort mehr arbeiten gehen, wenn die Hinzuverienstgrenze stark ansteigt oder gleich ganz wegfallen würde (oder später, wenn die Care-Arbeit mehr Platz für Erwerbsarbeit lässt).

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Die Folgen der Hinzuverdienstgrenze

Ein Mitarbeiter der DRV bestätigt laut rentenbescheid24.de, was Betroffene längst wissen: „Witwen erzählen mir täglich, dass sie ihre Arbeitszeit reduzieren müssen, weil ihr Lohn zu hoch ist und deshalb von der Witwenrente abgezogen wird. Sie reduzieren ihre Arbeitszeit so, dass sie unter dem Freibetrag bleiben.“

Das Fazit: „Die Einkommensanrechnung ist erwerbsfeindlich, zu bürokratisch und unnötig belastend. [Sie] sorgt in der Rentenversicherung einfach für zu viel Bürokratie und Aufwand und steht in keinem Verhältnis zum Rentenbetrag der Witwenrente. Die Einkommensanrechnung an die Witwen-oder Witwerrente bedeutet einen riesigen finanziellen Aufwand durch Personal der DRV und bei den anderen Rententrägern.

Wie hoch der Aufwand  der jährlichen Einkommensanrechnung ist, kann selbst die DRV nicht beziffern!

Noch nie hat es Untersuchungen oder Kennzahlen hinsichtlich der Rentabilität der Anrechnung gegeben, das alleine ist ja schon ein Unding. 

Laut Plenarprotokoll 20/131 vom 19.10.2023 weiß der Politiker Max Straubinger (CDU/CSU) dass „die Frauen [aufgrund der Einkommensanrechnung] mittlerweile auf insgesamt über 5 Milliarden Euro Rente verzichten“ und „dass der Rentenversicherungsbeitragssatz um rund 0,4 Prozent angehoben werden müsste„, um die in dieser Sitzung diskutierte Anhebung der Hinzuverdienstgrenze auf das 40-fache statt das 26,4-fache des Rentenwertes anzuheben (das wären knapp 1.500€ statt die oben erwähnten 992€).

Ich habe mit Herrn Staubinger telefoniert. Er konnte mir nicht sagen, welche Erhöhung der Steuereinnahmen oder wie viel Euro mehr an Einnahmen für die Deutsche Rentenversicherung dem gegenüber stünden, wenn die Frauen aufgrund der Anhebung mehr arbeiten würden. Über eine Minderung des Fachkräftemangels auf unserem Arbeitsmarkt durch Mehr-Arbeit von 1,2 Millionen Betroffenen konnten wir gar nicht mehr sprechen…

Mehr Einnahmen durch den Hinzuverdienst

Die DRV muss bei einem Wegfall der Hinzuverdienstgrenze also mit 5 Milliarden Euro mehr Ausgaben für den Topf Auszahlungsbeträge von Hinterbliebenenrenten rechnen, aber welche Zahlen stehen dem gegenüber? 

Tatsächlich gibt es keine Zahlen dazu, was die jährliche Einkommensanrechnung von 5,2 Millionen Empfängern von Hinterbliebenenrenten die DRV kostet. Das wäre jedoch sehr wichtig zu wissen, denn diese Kosten würden durch den Wegfall der Hinzuverdienstgrenze ebenfalls wegfallen. Die betroffenen Mitarbeiter der DRV könnten sich um andere Dinge kümmern und damit auch endlich die katastrophale Antwortzeiten der DRV beschleunigen, die nicht selten bei mehreren Monaten für einfache Fragen und (sehr) vielen Monaten für Witwenrentenanträgen liegen. Was kosten die entsprechenden Arbeitsplätze? Was kosten die vielen Mitarbeiter, die 5,2 Millionen Betroffene jährlich anschreiben müssen? Was kostet das Porto für die vielen Briefe? Miete, Heizung, Equipment, Strom? Ohne diese Zahlen, die den Mehrausgaben von angeblichen 5 Milliarden Euro gegenüber zu stellen, kann man doch keine Diskussion führen?! Ernsthaft?

Folgen der Abschaffung der Hinzuverdienstgrenze

Wenn 85% von 1,2 Millionen Empfänger von Hinterbliebenenrenten (HR) mehr arbeiten gehen würden, weil die Hinzuverdienstgrenze fällt, hätte das mehrere positive Effekte – und zwar für Deutschland und nicht nur für Betroffene:

  • Der Fachkräftemangel würde  gelindert. In mehr als 87% der Fällen stirbt der Mann zuerst, das bedeutet, von den HR sind fast nur Frauen betroffen. Frauen arbeiten mehrheitlich in den pflegenden Berufen, wo seit Jahren extremer Fachkräftemangel herrscht. Betroffene – oft ältere – Frauen, deren Kinder bereits aus dem Haus sind, können nun wieder 40 statt 20 Stunden arbeiten oder zumindest annähernd Vollzeit. Wir sprechen hier also nicht um Erhöhungen von einer, zwei oder drei Stunden pro Woche, sondern um fünf, zehn oder gar 20 Stunden. Für ausländische Fachkräfte muss viel in die Sprach- und Integrationskurse gesteckt werden, sie müssen auch erstmal gefunden werden und nach Deutschland kommen wollen. Hinterbliebene sind schon da, sprechen in der Regel Deutsch und müssen nicht weiter integriert werden, da sie das in der Regel seit vielen Jahren sind. All diese Kosten würden für betroffene Fachkräfte gar nicht entstehen. Viele Betroffene sind auch bereits in einer Anstellung, müssen diese nicht mehr suchen, sondern nur ihre Stunden erhöhen. Leichter geht es für Arbeitgeber nicht.  
  • Die Rentenkassen können sich über deutlich erhöhte Einnahmen freuen.
  • Es gäbe deutlich mehr Steuereinnahmen
  • Bei den Krankenkassen können ebenfalls erhöhte Einnahmen verzeichnet werden und vermutlich sogar weniger Ausgaben bei den Betroffenen. Betroffenen fällt oft das Dach auf den Kopf oder sie leiden gleich an Depressionen, viele wollen arbeiten, tun dies aber aus wirtschaftlichen Gründen nicht.
  • Die zusätzlichen Einzahlungen in die Rentenkassen erhöhen die eigenen Rentenansprüche. Betroffene bekommen später eine höhere Altersrente und sind später weniger wahrscheinlich selbst in der Altersarmut. 

Wo ist das Problem, liebe Politiker?

Die Vorteile liegen auf der Hand. Es ist das, was Deutschland braucht. Es ist nur eine Entscheidung. Eine Entscheidung für Deutschland. Eine Entscheidung für die betroffenen Hinterbliebenen. Eine Entscheidung für weniger Fachkräftemangel.

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