Die Hinzuverdienstgrenze, der Freibetrag oder die Einkommensgrenze – wie viel darf ich im Rentenjahr 2024/25 anrechnungsfrei verdienen?
Wie hoch ist der Freibetrag bei den Hinterbliebenenrenten Witwen- und Witwerrenten und bei der Erziehungsrente? In diesem Beitrag erfährst Du, was die Hinzuverdienstgrenze bei den Hinterbliebenenrenten ist, wie sie sich berechnet, was das „fiktive Netto“ ist und was die Rentenpunkte damit zu tun haben!
Einführung der Hinzuverdienstgrenze
Die erste Rentenreform für die Hinterbliebenenrente gab es 1986, als beschlossen wurde, dass nicht nur Witwen, sondern auch Witwer das Recht auf eine Hinterbliebenenrente haben sollten. Damit die Rentenkasse damit nicht überfordert würde, beschloss man, dass Einkommen an diese Unterhaltsersatzleistung angerechnet werden sollte.
Da die Hinterbliebenenrente eine Unterhaltsersatzleistung ist, orientiert man sich hier stark am Unterhaltsrecht. So auch bei der Höhe der Einkommensanrechnung. Der sogenannte „notwendige Selbstbehalt“ diente 1986 als Vergleichswert bei der Einführung der Hinzuverdienstgrenze. Der notwendige Selbstbehalt lag damals bei ca. 900,- DM. Man legte als die Einkommensgrenze mit dem 26,4-fachen des Rentenwertes fest, was damals ungefähr dem notwenigen Selbstbehalt einer unterhalspflichtigen Person, also den o.g. 900,- DM entsprach.
Der Freibetrag liegt heute bei 1.038,05 €.
Welche Rente wegen Todes es grundsätzlich gibt, erfährst Du hier.
An die Inflation gekoppelt
Damit die Höhe der Hinzuverdienstgrenze nicht statisch bleibt, sondern ebenfalls steigen sollte (der Gesetzgeber sagt „dynamisch“ dazu), benannte man diese krumme Zahl des 26,4-fachen des Rentenwertes. Der Rentenwert ist an die Inflation gekoppelt – je höher die Inflation in einem Jahr, desto höher die Rentenerhöhung und folglich desto höher der Freibetrag. So der Gedanke. Leider sieht die Theorie in der Praxis wie immer ganz anders aus.
Hier erfährst Du weiteres grundsätzliches über den Freibetrag bzw. über die Einkommensgrenze.
Die Zahlen heute – Rentenjahr 2024/25
Zum 01.01.2024 ist der notwendige Selbstbehalt einer unterhaltspflichtigen Person auf 1.450 € im Monat angehoben worden.
Im Rentenjahr 2024/2025 liegt der Freibetrag in ganz Deutschland bei 1.038,05 €.
Das ist im Laufe der vielen Jahren nach der Rentenreform von 1986 eine Differenz von schlappen 411,95€ – fast 1.000,- DM! Ganz schön viel.
Rentenerhöhung zum 01.07.2024
Die Rentner können sich glücklich schätzen, denn die Renten wurden noch höher erhöht, als ursprünglich gedacht, nämlich um 4,57 % in gesamt Deutschland.
Damit liegt der Rentenwert in beiden Teilen Deutschlands bei 39,32 €. Doch was heißt das jetzt?
Die Hinzuverdienstgrenze liegt seit 1986 bei dem 26,4-fachen des Rentenwertes, das heißt auch sie steigt im kommenden Rentenjahr in ganz Deutschland auf 1.038,05 €. Dein Hinzuverdienst darf diese Grenze überschreiten, aber ab dieser Grenze wird die Hinterbliebenenrente gekürzt.
Rentenjahr vs. Steuerjahr
Ein Rentenjahr geht immer vom 01.07. bis zum 30.06., das Steuerjahr immer vom 01.01. bis zum 31.12. Das ist wichtig zu wissen, denn die Einkünfte des vorangegangenen Steuerjahres werden auf das kommenden Rentenjahr angerechnet. Beispiel: die Einkünfte vom Steuerjahr 2024 muss ein Hinterbliebener im Frühjahr 2025 der Rente melden, damit diese die Höhe der Rente bzw. die Kürzung der Rente für das darauffolgende Rentenjahr ab dem 01.07.25 berechnen kann.
Welches Einkommen führt zur Anrechnung bzw. Kürzung
Wenn Du Glück hast, bekommst Du Hinterbliebenenrente nach dem sogenannten Alten Recht, wenn Du jünger bist, also ca. 50 oder jünger, bekommst Du Hinterbliebenenrente nach dem Neuen Recht. Was das genau bedeutet und wann Du unter welches Recht fällst, findest Du hier.
Der Freibetrag ist jedoch bei allen Hinterbliebenenrenten gleich hoch, also Witwenrente, Witwerrente oder Erziehungsrente. Nur bei Halbwaisen und Waisenrente gibt es keine Einkommensanrechnung mehr (wohl aber die Steuerpflicht).
Das fiktive Netto
Ausschlaggebend bei dem Freibetrag ist Dein sogenanntes fiktives Netto. Das ist – wie der Name schon sagt – fiktiv und hat mit Deinem Netto auf Deiner Verdienstabrechnung absolut nichts zu tun. Die DRV hat sogenannte Pauschalen für jede Einkunftsart definiert, die bei der Einführung der Hinzuverdienstgrenze im Jahr 1986 als angemessen für Steuern und weitere Abgaben angesehen wurden. Ob diese Pauschalen noch der Realität entsprechen, sei mal dahingestellt.
Das ist bei der Einkommensart Nicht-Selbständige Arbeit die Pauschale von 40 %. Die Einkommensarten richten sich strikt nach dem Steuerrecht, also gibt es z.b. auch Einkommen aus Vermietung und Verpachtung (Pauschale 25 %), Bezüge von Beamten (Pauschale 27,5 %), Renten aus eigener Versicherung zb. Altersrente (Pauschale 14 %).
Jetzt kommen wir wieder zum Steuerjahr. Rechnest Du zb. alle Deine Einkünfte aus der Einkommensart Nicht-Selbständige Arbeit des Jahres zusammen, also mit Monatsentgelt, Urlaubs- und Weihnachtsgeld und sonstige steuerpflichtige Zahlungen (die Inflationsausgleichspauschale ist steuerfrei – und demnach auch anrechnungsfrei), hast Du ein Jahres-Bruttoentgelt. Für die DRV ist das Sozialversicherungspflichtige Brutto ausschlaggebend.
Dieses Jahresbrutto geteilt durch 12 Monate abzüglich der jeweiligen Pauschale ergibt Dein fiktives Netto für diese Einkommensart. Hast Du mehrere Einkommensarten, zb. einen Minijob (Achtung: Pauschale 0 % wenn ohne Abgabe von Sozialversicherungsbeiträgen), musst Du das für jede Einkommensart einzeln rechnen und am Ende alle fiktiven Nettos zusammen zählen.
Beispiel
Beispiel: 2.000 € sozialversicherungspflichtiges Brutto aus Nicht-Selbständiger Tätigkeit, kein Weihnachts- oder Urlaubsgeld, keine anderen Einkünfte.
2.000 € – 40 % Pauschale = 1.200 € fiktives Netto.
Hinweis: Eine Betriebliche Altersversorgung (bAV) senkt das Sozialversicherungspflichtige Brutto und ist demnach eine der wenigen Möglichkeiten, legal die Kürzungen der Hinterbliebenenrente wenigstens etwas zu senken.
Aber Vorsicht: bei der Auszahlung ist die BAV wiederum steuerpflichtig – und demnach auch anrechenbar.
Der sogenannte Mehrbetrag
Der Mehrbetrag ist sozusagen, das, was Du zu viel verdienst, und das, was letztendlich Deine Rente kürzt. In dem oben genannten Beispiel hast Du ein fiktives Netto von 1.200 € und keine weiteren Einkünfte.
Bist Du Bezieher von Hinterbliebenenrente ohne Kinder im Waisengeldbezug, hast Du einen Freibetrag von 1.038,05 €.
1.200 € fiktives Netto – 1.038,05 € Freibetrag = 161,95 € Mehrbetrag.
161,95 € ist Dein sogenannter Mehrbetrag.
Deine HinterbliebenenRente wird um 40 % des Mehrbetrags gekürzt. Hier ist die Formel schon wieder 40 %, das hat aber nichts mit der o.g. Pauschale zu tun.
40 % Kürzung von 161,95 € Mehrbetrag = 64,78 € Kürzung der Rente.
Deine Rente wird ab dem 01.07. um monatlich 64,78 € gekürzt. Da Renten immer brutto ausgezahlt werden, ist die Kürzung selbstverständlich auch brutto.
Kinder
Kinder im Waisengeldbezug erhöhen den Freibetrag um das 5,6-fache des Rentenwertes.
Diese Höhe habe ich per Petition angeprangert und der Petitionsausschuss hat diese Petition mit seinem Schreiben vom 12.05.2022 für „erwägenswert“ betrachtet und dann sogar als „Material“ dem BMAS überwiesen. Natürlich ist seit dem nichts passiert. Ach übrigens, die Petition habe ich am 20.09.2019 geschrieben…
Jedenfalls würde 1 Kind den Freibetrag in unserem obigen Fall um 220,19 € auf 1.258,24 € erhöhen. Damit lägen die Einkünfte innerhalb der Einkommensgrenzen und die Hinterbliebenenrente würde in diesem Fall ohne Kürzung ausgezahlt werden.
Kinder können unter Umständen Unterhaltsvorschuss beantragen. Mehr dazu hier.
Berechnungshilfe HinterbliebenenRente
Wie hoch ist also Dein Hinzuverdienst zur Hinterbliebenenrente?
Wenn ihr unkompliziert berechnen wollt, ob oder wie hoch Eure Kürzungen sein werden, ladet Euch doch von der Downloads & Mehr-Seite meine kostenlose Berechnungshilfe herunter. Ihr müsst nur auf dem aller ersten Rentenbescheid die vorhanden Rentenpunkte eintragen, dann könnt ihr die Liste jedes Jahr mit der Rentenerhöhung und Eurem Gehalt anpassen und weiter nutzen.
Ganz ehrlich? Ich frage mich immer, wieso die drv nicht eine solche Excel-Liste herausgeben kann. Weil es das nicht gibt, und die Hinterbliebenenrente aber ein wichtiger Baustein unseres Haushaltseinkommens ist, habe ich sie mir kurzerhand selbst gebaut… Dann kann ich schon Ende des Jahres entscheiden, ob ich evtl. mehr oder weniger in die BAV zahle oder Arbeit aufstocken kann, weil die Rentenerhöhung ggf. höher ausfiel usw.
Viel Spaß Euch damit! 🙂
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Weiterführende Links
Wie kann ich als Witwe die Erziehungsrente beantragen?
Das Witwensplitting ist ein steuerliches Thema und entlastet Betroffene im Jahr des Todes und im darauffolgenden Jahr. Hier kannst Du nachlesen warum das so ist.
Mehr über die Rentenarten gibt es hier.
Mehr über die Einkommensanrechnung gibt es hier
Wusstest Du, dass auch die HinterbliebenenRenten steuerpflichtig sind?
Wie ist Dein Hinzuverdienst Witwenrente 2023? Unter dem Menüpunkt Download findest Du eine Excel-Tabelle, mit der Du ganz leicht selbst ausrechnen kannst, ob oder in welcher Höhe die Kürzungen der Witwenrente für Dich ausfallen.