Witwenrente – Was sagen Betroffene? Teil 4
Die Serie geht weiter – so viele Betroffene wollen sich endlich äußern! Was sagen eigentlich Betroffene selbst zu den Regelungen der Hinterbliebenenrenten? Wie wird die Hinzuverdienstgrenze im wahren Leben angenommen und wie empfinden Betroffene die Versteuerung, die Beiträge zur Krankenversicherung/Pflegeversicherung und welche Möglichkeiten gibt es überhaupt für die eigene Altersvorsorge? Dieser Beitrag soll einen Einblick bieten, wie die gesetzlichen Rahmenbedingungen der Witwenrente wahrgenommen werden und welche Konsequenzen Betroffene daraus ziehen.

Frauke, 4 Kinder, ihr Ehemann starb mit 36 Jahren
Wir haben vier gemeinsame Kinder für die ich seitdem alleine verantwortlich bin. Unser jüngstes Kind wird im Mai drei Jahre alt und damit endet meine Elternzeit in Teilzeit. Ich wurde von meinem Arbeitgeber gefragt, ob ich Stunden aufstocken möchte. Da ich schon jetzt dicht an der Hinzuverdienstgrenze bin, musste ich ablehnen. Die Hinzuverdienstgrenze ist aus meiner Sicht viel zu niedrig und macht mich fassungslos. Ich empfinde diese niedrige Hinzuverdienstgrenze als total ungerecht.
Eine weitere große Ungerechtigkeit liegt in der Versteuerung der Halbwaisenrente. Halbwaisenrente ist Unterhaltszahlungen gleichgesetzt und vorrangig zu beantragen. Unterhaltszahlungen vom getrennt lebenden Elternteil oder vom Jugendamt müssen nicht versteuert werden. Dadurch sind alle Halbwaisenkinder und Waisenkinder schlechter gestellt als Kinder deren Elternteile leben.
Conny, 54, plötzlich Witwe geworden, 1 Kind in Ausbildung
Ich arbeite aktuell als Prokuristin in Teilzeit. Gerne würde ich wieder Vollzeit arbeiten, wenn sich das finanziell lohnt. Eine kräftige Anhebung der Hinzuverdienstgrenze würde ich mir daher sehr wünschen.
Bianca (42), 2 Töchter, 7 und 10 Jahre, kürzlich Witwe geworden
Ich habe studiert und arbeite zu 60% in Teilzeit in einem großen Industrieunternehmen als Logistikplanerin. Ich kann mir nicht vorstellen aufgrund der Kürzung der Witwenrente weniger zu arbeiten, da mir meine Arbeit Spaß macht und ich gegenüber den Kollegen wettbewerbsfähig bleiben möchte. Allerdings deckt mein Gehalt gerade so unsere Fixkosten. Die Gleichung „Mehr Arbeit (Einsatz und Fleiß) für mehr Geld“ geht bei uns Hinterbliebenen einfach nicht auf.
Gaby, 72 Jahre, Rentnerin, verwitwet seit 2017
Ich habe fast 40 Jahre gearbeitet und mir wird einiges an meiner Witwenrente abgezogen da ich mit meiner Rente über der Hinzuverdienstgrenze liege. Die Witwenrente ist eh nicht hoch, da mein Mann durch lange Krankheit in seinem Leben keine große Rente hatte. Ein Nebenjob lohnt sich durch den Abzug nicht und jetzt kann ich auch nicht mehr zusätzlich arbeiten. Finanziell ist es sehr schwierig einigermaßen über die Runden zu kommen.
Wie ungerecht, dass meine hart erarbeitete Rente in Bezug zur Witwenrente gesetzt wird! Der Altersarmut würde vorgebeugt durch die Erhöhung bzw. den Wegfall der Hinzuverdienstgrenze!
Doris, seit 15 Jahren verwitwet
Ich arbeite in Teilzeit. Ich würde ich voll arbeiten, würde die Witwenrente nicht gekürzt. Unter dem Strich bleibt jedoch nichts übrig. Seit Jahren laufe ich wie im Hamsterrad. Jede Gehaltserhöhung bedeutet eine weitere Kürzung der Witwenrente. Alle Überstunden bedeuten eine weitere Kürzung der Witwenrente, deshalb nehme ich lieber Freizeitausgleich. Ich möchte abschlagsfrei nach 47 Arbeitsjahren in Rente gehen und auch hier droht die Kürzung der Witwenrente. Ich würde gerne trotz Altersrente noch etwas arbeiten. Werde ich nicht tun, weil eine weitere Kürzung der Witwenrente anstünde.
Die Hinzuverdienstgrenze muss fallen oder so angehoben werden, dass sich eigene Arbeit lohnt. Ich arbeite auch im Pflegebereich und hier wird jede Hand gebraucht. Der Staat spart hier bei Personen, die durch den Verlust der Ehepartner ehe schon sehr stark seelisch belastet wurden oder sind.
Kerstin (63), 1 Tochter, seit 2016 verwitwet
Mein Mann hatte immer gut verdient (Geschäftsführer), meine Tochter war zu dieser Zeit zum Masterstudium in England. Ich könnte am 01.07.2026 nach 45 Jahren Berufstätigkeit in Rente gehen; auch jetzt schon (01.07.2025) mit Abzügen.
Trotz Fachkräftemangel (Verwaltung für Wohnungseigentümergemeinschaften) habe ich seit vielen Jahren meine Arbeitszeit (8 Stunden/Woche) reduziert, da weitere Einzahlungen auf mein eigenes Rentenkonto keinen Sinn machen. Anfang diesen Jahres habe ich mir meine zukünftige Rente ausrechnen lassen. Ich musste feststellen, dass von meiner eigenen eingezahlten Rente ein großer Abzug bei der Witwenrente angerechnet wird. Aus dem Grund habe ich nunmehr meine Arbeitszeit nochmals reduziert (wieder 8 Stunden/Woche weniger).
Ich bin nun kurz davor, zu überlegen, ob ich schon zum 01.07.2025 mit Abzügen in Rente gehe, weil ein Weiterarbeiten keinen Sinn macht. Die Hinzuverdienstgrenze lähmt Arbeitnehmer, sich im Unternehmen einzusetzen. Dringend benötigte Fachkräfte, die gerne Arbeiten und für die eigene Rente Rücklagen bilden möchten, werden durch die Hinzuverdienstgrenze bestraft, und zwar doppelt; Abzüge bei der Rente sowie Arbeiten unter dem Mindestlohn.
Sonja, arbeitet 28 Wochenstunden
Dieses System der Hinterbliebenenrente ist der Öffentlichkeit weitestgehend nicht bekannt. Es scheint mir eine „Einkommensquelle“ zu sein, dazu eine versteckte, wenn man bedenkt, was alles angerechnet wird. Mein Mann starb nach 45 Beitragsjahren als Arbeitnehmer und einem knappen Jahr als Rentner. Ich selbst arbeite 28 Wochenstunden (die letzten 25 Jahre in Lst.-Klasse 5), u.a. weil ich ja für meine eigene Rente Vorsorge treffen will, da man von der Witwenrente allein nicht weit kommt. Allerdings fressen die Vorauszahlungen an das Finanzamt die Rente so ziemlich auf.
Weiter: Da ich ein Haus unterhalten muss (das nur erbschaftssteuerfrei ist, wenn ich es 10 Jahre selbst bewohne) und, weil mein Kind nicht mehr lebt, die Geschwister meines Mannes als Erben auszahlen musste, kann ich bestätigen, dass einige Regelungen überarbeitet werden müssten… Die Arbeitswilligkeit sollte in Zeiten von Fachkräftemangel gefördert statt unterbunden werden.
Evelyn (61), seit September 2024 verwitwet, 2 Kinder (19)
Meine Tochter hat im Oktober ihr Studium begonnen. Mit ihrer Halbwaisenrente finanziert sie sich ihr Studium und legt ein Teil des Geldes für ihre Altersversorgung an. Mein Sohn ist im 2. Ausbildungsjahr und wird seine Ausbildung im Juni/Juli 2026 beenden. Er legt seine HWR ebenfalls für seine spätere Altersversorgung an.
Ich komme mit meiner Witwenrente und der Hinterbliebenenversorgung des Arbeitsgebers meines Mannes gut zurecht. Aber spätestens wenn ich im nächsten Jahr (September 2026) selbst in Rente gehe, komme ich an die Hinzuverdienstgrenze und werde Abzüge hinnehmen müssen. Um aber meine Altersversorgung aufzustocken und auch meine Kinder weiterhin unterstützen sowie auch unser Einfamilienhaus halten zu können, habe ich mein Geld über eine Investorengruppe angelegt. Mit diesen Kapitaleinkünften komme ich jetzt bald über die Hinzuverdienstgrenze und werde erhebliche Abzüge bei der WR haben.
Für meinen Mann war immer wichtig, dass wir als Familie versorgt sind. Nur leider ist es ein „Rumkrebsen“ am Limit ohne die Möglichkeit, vielleicht mal einen Urlaub zu finanzieren. Natürlich komme ich mit meinen Kapitaleinkünften einigermaßen zurecht, aber dafür muss ich auch Steuern zahlen und Abstriche in der WR hinnehmen.
Arbeiten gehen kommt für mich nicht in Frage, da ich selbst bei einer Vollzeitbeschäftigung kaum mehr zusätzliche Rentenansprüche erwerben kann. Es ist schon traurig, wie mit Witwen nach neuem Recht umgegangen wird.
Berechnungshilfe HinterbliebenenRente als Excel-Datei
Hier nochmals der Link zur Excel-Liste „Berechnungshilfe Hinterbliebenenrente“. Ganz ehrlich? Ich frage mich immer, wieso die Deutsche Rentenversicherung nicht eine solche Excel-Liste herausgeben kann.
In der Facebook-Gruppe Gerechte HinterbliebenenRente findest Du Hilfe und Gleichgesinnte: