Witwenrente: lohnt sich eine Wiederheirat finanziell trotz Wegfall der Hinterbliebenenrente?
Oft wird gezögert, wenn nach dem Tod des ersten Ehepartners neuer Partner da ist. Zieht man zusammen, fällt steuerlich gesehen der Alleinerziehenden-Entlastungsbeitrag weg, aber wird erneut geheiratet, bedeutet der Wegfall der Hinterbliebenenrenten einen großen finanziellen Einschnitt für Betroffene. Die DRV bietet bei Wiederheirat eine sogenannte Abfindung von 24 x des Auszahlungsbetrags an, aber was ist das schon gegen eine lebenslange Auszahlung der großen Witwenrente? Es bleibt also das Gefühl, mit der Wiederheirat lebenslang auf bares Geld verzichtet zu haben, aber ist das wirklich so? Lohnt sich eine Wiederheirat finanziell nicht?

Die Abfindung der Rente wegen Todes durch Wiederheirat
aut der DRV gilt: „Mit dem Monat der Wiederheirat oder der Begründung einer Eingetragenen Lebenspartnerschaft endet der Anspruch auf Witwen- oder Witwerrente. Der Rentner [die Rentnerin] kann eine Abfindung erhalten, die das 24-fache der monatlichen Hinterbliebenenrente (Berechnungsgrundlage ist die durchschnittliche Rente der letzten zwölf Monate) beträgt. Die Zahlung der Abfindung erfolgt nach Vorlage der neuen Heiratsurkunde beziehungsweise der Lebenspartnerschaftsurkunde.“ Das gilt bei Anspruch auf die große Witwenrente. Bei der kleinen WR werden die restlichen Monate ausgezahlt, die sowieso noch gezahlt werden würden, denn die kleine WR ist auf 24 Monate begrenzt.
Verlust von Geld bei Wiederheirat?
Wenn mit der Wiederheirat die Witwenrente oder die Witwerrente (oder die Erziehungsrente) wegfällt, fühlt sich das erst einmal an wie ein großer finanzieller Verlust. Viele Paare heiraten deswegen nicht, weil eine(r) oder beide die WR erhalten und der jeweilige Wegfall einen großen finanziellen Einschnitt bedeutet.
Ein Beispiel: Das Leben ohne Wiederheirat
In meiner Trauergruppe, die ich bei uns im Ort besuchte, war eine Dame, die genau das getan hat: sie hat nicht wieder geheiratet, weil sonst ihre Witwenrente weggefallen wäre. Nun hat die inzwischen betagte Frau über 25 Jahre mit ihrem neuen Partner gelebt, zog vor 20 Jahren zu ihm ins Haus und pflegte ihn bis zu seinem Tod. Tja, und genau da liegt das Problem: er starb – und sie hatte keinen Anspruch auf das Haus, in dem sie viele Jahre gelebt hatte. Sie hatte keinen Anspruch auf eine Witwenrente von ihm (die aller Vermutung nach viel höher gewesen wäre als ihre aktuelle Witwenrente) oder auf ein Wohnrecht oder sonst irgendetwas. Die beiden hatten kein Testament und so erbte der Sohn alles von dem Vater, denn die Dame war rechtlich gesehen in keinster Weise erbberechtigt. Der Sohn des Verstorbenen warf die inzwischen über 80-jährige aus dem Haus raus, verkaufte es zu seinen Gunsten, nahm ihr das Auto weg und alle anderen Lebensumstände, an die sie sich nun 20 Jahre lang gewöhnt hatte…
Nicht nur an heute denken
Dieses Beispiel zeigt deutlich, dass man nicht nur an heute denken sollte, sondern auch an die Zukunft. Natürlich kann man ein solches Fiasko auch testamentarisch regeln, aber eine neue Witwenrente / Witwerrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung kann auch kein Testament zugestehen.
Die Vorteile einer Wiederheirat
Aus meiner Sicht gibt es einige Vorteile, die eine Wiederheirat bietet:
- Auszahlung der Abfindung mit dem 24-fachen der monatlichen Hinterbliebenenrente.
- Einkommen generieren ohne jährliche bürokratische Anrechnung und Angst vor Kürzung der Hinterbliebenenrente.
- keine „Rentenfalle“ mehr befürchten: wenn die Kinder aus dem Haus sind, fällt der erhöhte Kinderfreibetrag weg. Viele Betroffene gehen dann weniger statt mehr arbeiten, weil die Hinterbliebenenrente dann noch früher gekürzt wird. Wo aber keine Witwenrente, da keine Kürzung. Nach einer Wiederheirat kann also ohne Rücksicht auf die Witwenrente Einkommen generiert werden.
- Mehr Einkommen zu generieren heißt auch mehr in das eigene Rentenkonto einzuzahlen – und damit eine höhere eigene Altersrente zu generieren.
- Bei erneuten Tod des Partners kann die jeweils höhere Witwenrente der beiden verstorbenen Eheleute ausgesucht werden.
Die zwei wichtigsten Punkte einer Wiederheirat aus meiner Sicht
- Der neue Partner ist bei eigenem Tod ebenfalls durch eine Hinterbliebenenrente abgesichert und
- der erhebliche finanzielle Vorteil des Ehegattensplittings!
Das Ehegattensplitting bei Wiederheirat
Weil ich es nicht oft genug wiederholen kann: das Ehegattensplitting ist nicht der Wechsel der Lohnsteuerklassen! Die Lohnsteuerklassen 3 und 5 stehen Eheleuten wieder zur Verfügung, aber das ist nicht das Ehegattensplitting!
In Deutschland gibt es zwei Steuertabellen: die Grundtabelle und die Splittingtabelle. Wenn man sich die Tabellen genau anschaut, wird deutlich, dass auch bei gleichem Einkommen in der Splittingtabelle deutlich weniger Steuern gezahlt werden müssen. Das Ehegattensplitting fördert zwar große Einkommensunterschiede, da dann der Splittingvorteil extrem hoch liegt, aber auch bei fast identischem Einkommen auf mittlerem Niveau, sind die Einsparungen durch die andere Steuertabelle immens – und machen in vielen Fällen eine vorher gering ausfallende Witwenrente wett.
Grundsätzlich werden beim Ehegattensplitting die Einkommen beider Eheleute zusammengezählt und dann durch 2 Personen aufgeteilt. Das kann bei einem hohen Einkommensgefälle der Partner zu einer erheblichen Steuererleichterung führen.
Ein Plädoyer für die Wiederheirat
Letztendlich muss das jede(r) selbst entscheiden, aber ich persönlich finde, dass es gute Gründe für eine Wiederheirat gibt – vor allem aber nicht nur finanziell.
Berechnungshilfe Hinterbliebenenrente als Excel-Datei
Mehr zur Anrechnung und damit du deine persönliche Einkommensanrechnung nachstellen kannst findest du hier den Link zur Excel-Liste "Berechnungshilfe Hinterbliebenenrente". Ganz ehrlich? Ich frage mich immer, wieso die Deutsche Rentenversicherung nicht eine solche Excel-Liste herausgeben kann.
Weiterführende Links
Du möchtest endlich wissen, was der Unterschied ist zwischen dem Ehegattensplitting und dem Witwensplitting? Und was hat das Rentensplitting damit zu tun?Oder wie teuer ist eigentlich die Hinzuverdienstgrenze für Deutschland? Warum du als junge Witwe oft arm trotz Arbeit bist und bleibst? Oder dass die Witwenrente gar keine Sozialleistung ist, sondern eine reine Versicherungsleistung? Und was das Leben als Witwe mit einem dreibeinigen Hund zu tun hat? Wie einfach und genial der Lifehack bei der Einkommensanrechnung ist, kannst Du hier nachlesen. Über all das habe ich bereits Beiträge geschrieben. Mehr Infos über die einzelnen Rentenarten gibt es hier.
Hier findest Du die beliebte Berechnungshilfe und denUnterhaltsvorschuss-Rechner. Als beliebte Speakerin findest Du mich auch in einigen TV-Beiträgen und Podcasts.
Was hat Bestseller-Autorin Hera Lind mit meinem Buch "Wenn der Tod dazwischenkommt" zu tun hat und natürlich gibt es auch mehr Informationen zum Ratgeber "Witwenrente - Der Renten- und Finanzratgeber für Hinterbliebene".








